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Einige meiner Gedanken zum mIv (motorisierter Individualverkehr), lose und ungeordnet, vielleicht bring ich irgendwann mal Ordnung hinein. Ist Individualverkehr eigentlich wirklich individuell? Daheim ohne Outo werde ich wahnsinnig. Da fällt mir die Decke auf den Kopf
Was ist an mIv eigentlich "individuell"? Die Tatasche, dass ein mIvler in seiner eigenen Blechdose sitzt statt mit anderen zusammen (1)? Die Tatsache, dass ein mIvler dann losfahren kann, wann er will und nicht an einen Fahrplan gebunden ist (2)? Die Tatsache, dass ein mIvler in einem Outo seiner Wahl sitzen kann (Marke, Farbe, Ausstattung)(3)? Die Tatsache, dass ein mIvler bei sich zuhause in der Garage losfahren kann und nicht erst einen Fußweg zur nächsten Haltestelle auf sich nehmen muß (4)? Also: Wenn ich mir frühmorgens die Staus (1) auf den Hauptberufsverkehrstrecken so ansehe ist der Unterschied zwischen Stau im eigenen Outo und Stau im Bus gar nicht so groß. Im Stau sind alle gleich. Der Hauptunterschied schient mir zu sein, dass der Outler pro Tag etwa 10 EUROs für sein Gefährt aufwendet, ich nur einen EURO pro Tag für meine Jahreskarte. Für die 9 EUROs Unterschied (die ich abends in meiner Lieblingsbar versaufen kann (er nicht, denn dann darf er mit seinem Outo nicht mehr heimfahren)) nehme ich locker das Busfahren in kauf, wenn´s denn mal sein muss (muss es oft aber nicht, da ich eh´ hauptsächlich mit dem Rad unterwegs bin). Losfahren zur Arbeit kann er auch nicht, wann er will (2), sondern wann sein Chef oder seine Arbeitszeit es wollen. Das führt dann dazu, dass sie wieder alle morgens und abends im Stau stehen, aber das hatten wir ja schon. Irgendwie sieht das auch ein bisschen nach Fahrplan aus, oder? Und wenn man sich die Outler so ansieht, wie gehetzt sie von Termin zu Termin rasen (siehe auch Gehwegparker), dann bekomme ich immer mehr den Eindruck, sie hätten statt eines entspannten Tages einen (Fahr-)Plan vor sich, den sie unbedingt einhalten müssen. Das Outo seiner Wahl (3). Naja. Abgesehen davon, dass man von der Outofarbe innen ja recht wenig sieht und deren Wahl nix mit dem eigenen Geschmack sondern ausschließlich mit dem herrschenden Zeitgeist, der Mode, der Werbebranche und den Argumentationsküsten der Outoverkäufer zu tun hat, ist die ja in etwa so wichtig wie das berühmte Fahrrad, das gerade in Peking umfällt. Bei der Marke gibt es grob zwei Lager: "nie wieder einen XXX", so die einen, die anderen bestehen auf "ich würd mir immer wieder einen YYY kaufen". Ein allgemeingültig gutes, sicheres, preiswertes, umweltschonendes (?!), zweckmäßiges, reparaturunanfälliges, tolles Outo scheint es nicht zu geben. Was hier wie der Hauch einer Individualität aussieht, ist eher der zweckgebundene Optimismus, mit dem jetzigen Outo endlich die Marke gefunden zu haben, die wirklich Outos baut, alles andere sind Schrottkarren. Wer mit der Marke XXX üble Erfahrungen gemacht hat, der wird sich sicher kein zweites Mal wieder einen XXX kaufen. Wer endlich die Marke seines Vertrauens gefunden hat, der verteidigt diese verbal gegen alle anderen Stammtischparolen seiner Mitindividualisten. Und was den psychologischen Hintergrund angeht, der mit Formulierungen wie "Statusbewustsein durch Kauf einer bestimmten Marke", "kleiner-Penis-Komplex", "Angeberei beim anderen (weiblichen) Geschlecht", "Zurschaustellung der eigenen gesellschaftlichen Einordnung" usw. von sich reden macht, dieses Feld überlasse ich lieber den in der Psychobranche geschulten, dazu gibt es mehr Aussagen als Sand an einem durchschnittlichen Meer; jedem einigermaßen gebildeten Menschen ohne Outo ist aber klar, dass miVler, die so was haben oder brauchen nicht ganz clean in der Birne sind. Prof. Dr. Hermann Knoflacher aus Wien spricht davon, dass ein Teil des "Erfolges" des Outos in seinem unmittelbaren Zugriff durch den Benutzer begründet liegt (4). Der Outler braucht nur in seine Garage zu gehen (die sich grundsätzlich in unmittelbarer Nähe seiner Wohnung befindet) und kann sofort mit dem eigenen Outo die Fahrt antreten. Die nächste Bushaltestelle dagegen ist von den meisten Wohnungen der Menschen mehr oder weniger weit entfernt, so dass ein "beschwerlicher" Fußweg nötig ist, um diese zu erreichen. Am Zielort der Fahrt freilich ist die Situation eine ganz andere, v.a. wenn sich das Ziel innerhalb einer bebauten Fläche befindet, die schon um einiges älter ist als der Siegeszug des Outos. Im allgemeinen sagt man zu so einer bebauten Fläche: Stadt. Wenn der Outler, der zuhause ja einen nicht unwesentlichen Teil seines teuer erworbenen Grundstückes mit einer Garage zupflastert (die meist deutlich größer als das Kinderzimmer ist, was auch in etwa die Relation seiner Wertschätzungen seinem Outo bzw. seinem Kind gegenüber widerspiegelt) und somit einen sofortigen, bequemen Zugriff auf sein Outo als normal empfindet, der erwartet ein solches Entgegenkommen natürlich auch an seinem Zielort, etwa vor einem Geschäft, einer Bank, einem Restaurant oder wasauchimmer. Nun sind Städte aber meist schon deutlich älter als Outos und damals haben diejenigen, die diese Städte gebaut und ausgebaut haben, nicht im Traum daran gedacht, irgendwann einmal faulen, bewegungsarmen, übergewichtigen, denkunfähigen Outlern vor jedem Gebäude ausreichend Parkmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Gott sei Dank möchte man hinzufügen, denn dann wären Städte wie wir sie heute kennen, gar nicht möglich. Städte leben von der Möglichkeit der kurzen Wege, der Erreichbarkeit der wichtigsten täglichen Bedürfnisse zu Fuß. "Moderne Einkaufszentren" auf der grünen Wiese machens doch vor, oder: viele schöne Dinge zu kaufen und dann auch noch viele schöne Parkplätze. (Wobei auffällig ist, dass die Parkplätze nahe der Eingänge immer besonders begehrt sind. Nicht mal hier kann sich ein miVler zu einem 100 Meter langen Spaziergang aufraffen, da wird lieber 5mal um die vordersten Parkreihen gekreist.) Dass diese paradiesische Parksituation in engen Innenstädten nicht oder nur selten anzutreffen ist, nervt den Outler besonders, zahlt er doch für sein hübsches Gefährt auch noch jede Menge Steuern. Und die selten blöden Halteverbotsschilder gelten ja auch nur für die andern, er will "ja nur schnell" zum Bäcker. Fußgänger? Radfahrer? Ach, die haben doch drumherum noch genug Platz. Außerdem, "ich will doch nur schnell". Die Gefahr, erwischt oder gar abgeschleppt zu werden ist praktisch null, ihre Argumentationsarmut offenbaren miVler aber regelmäßig, wen man sie auf das verbotswidrige Gehwegparken anspricht. Spätestens der zweite Satz enthält eine Beschimpfung, ab dem dritten Satz wirds laut und massive Beleidigungen kommen hinzu. Rationale Argumente haben sie nie. Natürlich wissen sie, dass das schöne Outo (das mit den schönen Steuern) im Moment, also just dann, wenn sie gezwungenermaßen auch zu Fußgängern werden, nur noch im Wege ist, trotz allem aber irgendwo bleiben muss. Wer wird denn da so kleinlich sein, der Gehweg ist doch breit genug. Die Standardantwort lautet "Ich kann doch net auf der Strass stehnbleim". Boing! Falsch - raus, oder "Du wirst doch mit deim depperten Radl dou vorbeikumma". Boing auch falsch, auch raus. Also erstens haben Fahrzeuge die Fahrbahn zu benutzen (§2 StVO) und nicht den Gehweg und zweitens ist das Beleidigung. Wie sich wohl jemand verhalten würde, wenn ich mich beim Einkaufen vordrängle (vielleicht, weil ich möglicherweise mehr Steuern zahle als er), ihm den Zugang zu manchen Regalen verwehren würde und ihn dann auch noch beleidigen mit den Worten "Du werst doch deine depperten paar Sachen auch so einkaufen können". Hat das schon mal jemand ausprobiert? Nicht? Warum soll ich mich aber auf der Strasse so anpöbeln lassen? Ach ja, "im Verkehr gehts doch nur noch, wenn wir alle ein bisschen Rücksicht aufeinander nehmen". Boing! doppelt falsch, ganz raus. Also von Beginn an stand der §1 in der Strassenverkehrsordnung, und der schreibt bereits was von gegenseitiger Rücksicht. Die bedeutet aber nicht, dass Outler grundsätzlich überall dort parken dürfen, wo sie wollen. Rücksicht heißt immer Rücksicht des Stärkeren zugunsten des Schwächeren. Und wer schon mal auf einer gut befahrenen Straße trotz vorhandenem Rad-weg! mit dem Rad die Fahrbahn benutzt hat, weiß wie schnell die miVler mit der Hupe sind und wild gestikulierend einen auf den Rad-weg! verweisen (nicht etwa zur eigenen Sicherheit der Radfahrer, nein- weit gefehlt, ausschließlich dann, wenn man ihr Überholen an unübersichtlichen Stellen, Einmündungen oder Verkehrsinseln um ein paar Sekunden verzögert hat). Den Test empfehle ich jedem Radfahrer mal. Die gleichen Outler übrigens, die ein paar Minuten weiter ihr Altmetall ungeniert auf dem Rad- oder Gehweg parken, weil "ich wollt ja nur schnell....". Die gleichen Outler übrigens, die einen 5 Minuten später auf der den Rad-weg! kreuzenden Einmündung fast vom Rad holen und dann nur noch verlegen stammeln "Ich hab Sie gar nicht gesehen....". Herr schick Hirn vom Himmel!! Nun, ich schweife ab. Folgender Dialog spielte sich neulich in einem Caffe in der Stadt ab: Frau mittleren Alters zu Freundin mittleren Alters: "Also weißt Du, seit wir aufs Land hinausgezogen sind, die Ruhe ist schon klasse und so viel Platz, die Kinder könnten den ganzen Tag draußen spielen, ohne dass ich Angst um sie haben müsste wegen der vielen Outos in der Stadt. Naja, tun sie aber nicht, seit sie den neuen Computer haben. Und Günther, naja der braucht jetzt zwar knapp 30 Minuten in die Arbeit, aber mit dem neuen Outo ist das nur halb so schlimm, er hat extra eins gekauft, wo man die Fahrgeräusche innen nicht so stark hört. Und außerdem kennt er jetzt schon ein paar Schleichwege durch die Stadt, durch Wohngebiete, da ist nicht so viel los. Da geht's schneller voran sagt er. Einmal ist er schon geblitzt worden, mit 50, wo 30 erlaubt war. Ich? Ja ich unternehme viel. Gott sei Dank hab ich das zweite Outo. Also ohne würd mir da draußen ja die Decke auf den Kopf fallen. Ich kenn ja kaum jemand. Die Kinder der Nachbarn sind in einem ganz anderen Alter als der Dennis. Und die Nachbarn links lassen sich jetzt scheiden. Ja, die Frau hat's allein nicht mehr ausgehalten, er war ja als Außendienstler die ganze Woche mit dem Outo unterwegs. Da kommt man als Frau schon mal auf dumme Gedanken. Die hatte ja auch kein Outo. Ich fahr dann lieber in die Stadt, Kaffee trinken oder meine alten Freundinnen besuchen, das klappt ganz gut, wenn ich den Dennis in der Kindergruppe abgeliefert hab und die Sarah beim Ballett oder im Klavierkurs ist. Nein, das gibt's dort draußen alles nicht, da müssen wir schon in die Stadt fahren. Bus? Weiß ich nicht, glaub ich aber nicht, dass da einer fährt, und wenn, dann ist der bestimmt schweineteuer. Das Outo, ja das ist schwierig in der Stadt abzustellen, ich hab auch schon mehrere Strafzettel wegen falsch parken bekommen, ist aber insgesamt bestimmt billiger wie busfahren. Glaub ich jedenfalls. Und Fahrräder hätten wir uns neulich auch fast gekauft, stell Dir vor, für 99 EURO das Stück, im Baumarkt, Du weißt schon, der in dem Industriegebiet da ganz weit draußen. Aber dann hat dem Dennis die Farbe nicht gefallen. Vielleicht nächstes Jahr bei Eduscho, wenn noch Geld übrig ist wenn wir die Outoversicherung bezahlt haben. Nein, wirklich brauchen tun wir die Räder nicht, ist aber schön eines zu haben. Die anderen haben ja auch eins. Und wenn's so billig ist. Nur wegen dem Dachgepäckträger ist das so eine Sache. Der Günther sagt, da passen nicht alle 4 Räder auf einmal drauf. Vielleicht kaufen wir ja doch noch einen Van, da gehen dann alle Räder rein und die Kinder auch, klar samt ihrem Spielzeug. Die Ingrid? Nein da war ich schon lange nicht mehr, die ist jetzt krank geworden, irgendetwas mit den Bronchien, war ja klar, die wohnt ja auch an der Strasse, die raus in den Gewerbepark führt, dort wo der Supermarkt ist, zu dem ich so häufig zum Einkaufen fahre, der ist so schön billlig, nein, bei uns draußen kannst Du nicht einkaufen, da ist alles 10 Prozent teurer in dem kleinen Laden und der Besitzer hängt einem jedesmal ein Gespräch an. Da geh ich nur hin, wenn die Kippen alle sind.." Kein Kommentar. Auf folgender Webseite http://www.br-online.de/politik-wirtschaft/mittagsmagazin/dynamisch/specials/Radfahren/Radfahren.htm findet sich ein erfrischend sinnentleerter 10-Punkte-Katalog für Radfahrer:
Nicht auf der Straße fahren, wenn Radwege vorhanden sind. Mal abgesehen davon, dass Frau Sabine Blechschmidt (welch bezeichnender Name) fröhlich Fahrbahn und Strasse durcheinander wirft, die Gefahr sich in Richtung Rad-weg! öffnende Outotüren völlig verdrängt, offen die Gefahr der Rad-weg!esituation rechts von rechtsabbiegenden Lkws benennt, helle Kleidung vorschlägt (hat schon mal jemand den Outoholikern vorgeschlagen, nur mit gelben und orangen Outos herumzufahren) und die generelle Gefahr, die von den motorisierten Unmenschen ausgeht so begegnet, dass Kinder ohne "Radfahrausbildung" gar nicht erst alleine als Radfahrer am Strassenverkehr teilnehmen sollten, zählt sie sicherlich, wenn man sie direkt fragte mit Didi Thurau und Jan Ullrich zu den einzigen in Deutschland ernst zu nehmenden Radprofis ("Ja klar, ich fahr viel Rad, so etwa 5km jeden Abend auf dem Spinner im Fitness-Studio. Nein, privat, also so richtig selber habe ich kein eigenes. Ich brauch doch keines in der Stadt. Ich hab doch ein Outo."). Mir liegt aber das Originalmanuskript vor, das nur unwesentlich verändert eigentlich auf der Webseite erscheinen sollte: Am
Besten gar nicht Radfahren, auch wenn ein Radweg vorhanden ist, dieser wird
als Parkstreifen gebraucht. Ganz unten auf der Seite distanziert sich das ARD Mittagsmagazin von fremden
Seiten, die über Links erreicht werden können. Sie sollten sich besser von
ihrer eigenen Seite distanzieren. |